Marke und Werbeartikelauswahl: Die Marke macht´s – auch bei der Werbeartikelauswahl

„Das finde ich schön!“ „ So etwas braucht doch jeder.“ „Tassen finde ich hässlich!“ – Wovon ist die Rede? Von Werbeartikeln, genauer gesagt von der Werbeartikelauswahl, die meist geschmäcklerisch getroffen wird. Gefährlich! Denn es kann sein, dass nicht die optimale Wirkung erzielt wird oder der Schuss so-gar nach hinten losgeht, was häufig genug in der Praxis zu beobachten ist. Generell kann man sagen, Werbeartikel sind dann zielführend, wenn sie die Marke stärken. Wie das erreicht werden kann, soll kurz skizziert werden.

1. Werbeartikel in juristischer und steuerlicher Sicht

Werbeartikel, darunter werden hier die kleinen Geschenke zur Erhaltung der Freundschaft verstanden (free advertsing items). Der Gesetzgeber spricht konsequenterweise von Werbegeschenken. Rechtlich zulässig sind Werbegeschenke, wenn sie keine unlautere Werbung darstellen („Kundenfang“) und nicht als übertriebene Zugabe („Kaufzwang“) zu werten sind.
Ob aus Compliance-Gründen oder aus Steuermaximierungsgründen – der Fiskus begrenzt die steuerliche Absetzbarkeit von Werbegeschenken, also Werbeartikeln auf 35.- € pro Beschenktem pro Jahr und verlangt konkrete Aufzeichnungen auf gesonderten Konten (Ausnahme: Streuartikel). Aber Achtung: U.U. muss der Beschenkte Steuern auf die Bereicherung durch das Geschenk bezahlen, weil bei einem Wert über 10.- € (netto) eine Betriebseinnahme unterstellt wird. Allerdings kann der Schenkende die Steuer übernehmen, indem er pauschal ca. 30 % des Geschenkewerts versteuert.
Unternehmen, Behörden und andere Institutionen begrenzen ihrerseits mittels Compliance-Vorschriften den Wert der Geschenke, die ihre Mitarbeiter annehmen dürfen. Was sie aber nicht daran hindert, selbst Werbegeschenke zu verteilen.

2. Werbeartikel? – Braucht man die überhaupt?

Wenn das alles so kompliziert ist, braucht man dann überhaupt so etwas wie Werbeartikel? Lohnt der kommunikative Zugewinn durch Werbeartikel den Aufwand? Ein eindeutiges: JA! Werbeartikel leisten kommunikativ das, was nur Werbeartikel können: Werben mit allen Sinnen! Werbeartikel

– machen die Marke sichtbar, anfassbar, verleihen der Marke Haptik, Geschmack, Farbe oder Form oder Ton (holistisches Markenbild)
– Schaffen Aufmerksamkeit
– Erhöhen Bekanntheitsgrad
– Verfestigen das Markenimage
– kommunizieren dort, wo andere Werbung nicht hinkommt, z.B. auf dem Schreibtisch, am Strand oder im Schlafzimmer
– sind meist dauerhaft – wie lange nutzt man einen Kugelschreiber, Kalender oder Uhr?
– Können konkret auf Zielgruppe und Anlass ausgerichtet werden
– Können kurzfristig Kaufentscheidungen beeinflussen
– Sind vergleichsweise kostengünstig
– Können helfen, dauerhafte Beziehungen zu Kunden, Mitarbeitern, Politikern usw. aufzubauen und zu festigen
– Erreichen die Verknüpfung von Optik mit persönlichem Nutzwert und Funktionalität
– Der Mensch fühlt sich als individuelle Persönlichkeit wahrgenommen

Voraussetzung: Die Werbeartikel müssen zur Marke, zum Unternehmen und zum intendierten Ziel passen. Natürlich müssen sie auch logistische und Handlings-Bedingungen erfüllen – aber das interessiert uns hier weniger.

3. Die Marke als wichtigstes Selektionskriterium für Werbeartikel

Wenn ein Biotech-Unternehmen, das sich (zu Recht) etwas auf seine High-End-Forschung und seine Zukunftsträchtigkeit einbildet, einen Primitiv-Kugelschreiber verteilt, ist das kontraproduktiv. Da hätte man besser auf den Logoaufdruck verzichtet. Denn der Stift signalisiert: Standard, billig, unkreativ, ohne Esprit und gestrig – das Gegenteil von dem, was das Unternehmen sein will.

3.1. Werbeartikel – mit allen Sinnen erfassbar

Und damit sind wir bei der Frage: Wie selektiert man passende Werbeartikel?
Ausgangspunkt kann nur die Marke sein, denn jeder, der den Werbeartikel in die Hand bekommt, muss förmlich die Marke des Absenders sehen, hören, füh-len, riechen, schmecken können. Vielleicht nicht alle Sinneseindrücke in jedem Werbeartikel, aber die, die vorhanden sind, müssen auf die Marke einzahlen. Und je mehr Sinne angesprochen werden, desto besser, wie Abb. 1 zeigt:

Abb.1: Markenloyalität in Relation zur Anzahl der angesprochenen Sinne

Je mehr Sinne kongruent angesprochen werden, desto höher wird die Markenloyalität, was natürlich nicht nur für Werbeartikel gilt, sondern für die gesamte Kommunikation des Absender-Unternehmens. Inkongruenz zwischen den Kanälen führt einerseits zu einer erschwerten Identifikation (Stillman 1993, S. 810ff) oder auch dazu, dass nur einem der Eindrücke gefolgt und der andere ignoriert wird (bei schokoladenbraunem Pudding bleibt unbemerkt, dass es sich geschmacklich um Vanillepudding handelt; Tom 1987, S. 23ff). Und schließlich können inkongruente Wahrnehmungen zur Reaktanz führen: Man will keine blauen Erdbeeren!


Abb.2: Blaue Erdbeeren (Jorum 2009)

3.2. Marken sind Images

Markenwahrnehmung besteht aber nicht nur aus Sinneseindrücken, sondern auch aus den Inhalten, die die Sinne wahrnehmen (sollen). Die angesprochenen Inhalte können analog zu Einstellungs- oder Imagemodellen in drei Dimensionen differenziert werden:

– rationale Markenbeschreibung
o welche rationalen Gründe sprechen für die Nutzung der Marke?
– emotionale Markenbeschreibung
o welche Gefühle soll der Nutzer haben, wenn er mit der Marke in Berührung kommt?
– Selbstkonzept-Dimension
o In welcher Form kann sich der Nutzer durch die Verwendung der Marke stilisieren – vor sich selbst und vor seinem Umfeld?

Durch diese Sichtweise wird auch der hier verwendete Markenbegriff deutlich: Marken sind Images, Vorstellungsbilder in den Köpfen der Nachfrager, nicht das Leistungsangebot des Unternehmens oder das, was der Absender sein möchte. Marken können demnach auch Zerrbilder, Trugschlüsse, Vorurteile oder dgl. sein, wenn die Marke z.B. nicht markengerecht kommuniziert wurde. Der hier verwendete Markenbegriff hat also nichts mit der juristischen Definition vom Marke zu tun (Marke = eingetragener Schutz).

3.3. Marke und Werbeartikel

Eine Markendefinition besteht demnach in der Beantwortung der drei aufgelisteten Fragen, wobei es sich von selbst versteht, dass Gemeinplatzantworten wie „Qualität“, „dynamisch“, „modern“ oder dgl. wenig hilfreich sind. Die Antworten sollten im Wettbewerb alleinstellend sein, so konkret, dass sie im Alltag handhabbar sind und Sympathie ausstrahlen, denn nur dann kann die Marke auch Vertrauen aufbauen. Die jeweiligen Antworten werden dann für alle Sinne kommuniziert, um die Markenloyalität zu maximieren (s.o.).
Und dazu benötigt man auch Werbeartikel. Werbeartikel, die die Marke signali-sieren. Das angesprochene Biotech-Unternehmen kann vielleicht weiter Kugelschreiber verteilen. Die sollten aber etwas Besonderes, etwas Neuartiges oder eine andere Haptik haben, anders sein, als das, was man üblicherweise be-kommt, um die Zukunftsträchtigkeit der Marke zu veranschaulichen. Besser erscheint es aber, wenn auch der Werbeartikel das Technische des Unternehmens veranschaulicht. Wichtig ist, das Abstrakte eines Biotech-Unternehmens anfassbar (Haptik) zu machen, denn Menschen sind stärker überzeugt von Dingen, die man begreifen kann, als von abstrakten Inhalten.

Abb. 3: Die Markendimensionen

4. Werbeartikel und ganzheitliche Markenauffassung

Die hier vertretene holistische Markenauffassung fordert auch eine Markenkommunikation über den Geruchs- und Geschmackssinn. Rationale, emotionale und Selbstkonzept-Komponenten der Marke sind in Sinneseindrücke zu über-setzen.

Abb.4: Hans Markart: Die fünf Sinne – mailen Sie mir doch: Welche Dame visualisiert welchen Sinn?

Wie das zu handhaben ist, bedarf vielleicht der Erklärung. Warum sollte unser Biotech-Unternehmen riechen oder schmecken – und vor allem: wonach? Die Antwort liegt auch hier, wie bei allen anderen Sinnen in den Assoziationen, die Menschen mit jedem Sinneseindruck im Moment des Entstehens bilden. Die Umgangssprache signalisiert anschaulich, was gemeint ist: „Den kann ich nicht riechen!“, „Riecht nach Frühling.“, „Das ist mir zu heiß.“ „Süß wie die Liebe“, „Das ist aber bitter.“ – die Reihe der Redewendungen lässt sich beliebig fortsetzen fortsetzen. Ein Unternehmen, das glücklich machen will, schmeckt vielleicht cremig, süß oder fruchtig. Eine kraftvolle Sportwagenmarke vielleicht würzig und herb. Eine grüne Ökomarke schmeckt wahrscheinlich frisch, herb, kühl und sauer-saftig und riecht frisch mit einer grünen Duftnote.

Abb. 5: gebrandeter Apfel

Das letzte Beispiel veranschaulicht Assoziationsketten über einen einzelnen Sinneseindruck hinaus. Marken, die herb und frisch schmecken wollen, wählen grün als Farbe. Goldbären schmecken genauso, wie es ihr Name erwarten lässt: süß, gut, atemberaubend und sind mit der Farbe Gold assoziiert.
Das Optimum integrierter Kommunikation bzw. holistischer Markenauffassung ist dann realisiert, wenn die Assoziationsketten über alle Sinne hinweg kongruent sind. Das „Plopp“ mit dem der Kronkorken von der Bierflasche springt, sollte mit der Marke, der Flaschenfarbe und dem Geschmack des Inhalts übereinstimmen. Ein leichtes Bier-Mixgetränk darf leicht und piepsig ploppen, vielleicht auch eher plippen. Ein schweres Pils muss ganz sicher tief ploppen und ein Bisschen mehr Kraft zum Öffnen des Kronkorkens erfordern. Analoges gilt für Werbeartikel – sie müssen die Marke kommunizieren, egal ob T-Shirt oder USB-Stick.
Werbeartikel können aber für die Marke etwas tun, was andere Kommunikationsinstrumente nicht können: Sie können die Marke schmecken und riechen lassen. Gebrandete Äpfel oder Nüsse, Gummibärchen oder Energy-Drinks las-sen die Marke auf der Zunge zergehen und in die Nase steigen – dichter kommt man an den Nachfrager nicht ran.

Abb. 6: Gebrandete Nüsse

5. Was ist also ein gutes Werbemittel?

Was ist also ein optimales Werbeartikel? Eins, das die Marke mit allen Sinnen für die Zielgruppe adäquat, umfassend, erfahren lässt. Liest sich einfach, ist aber nicht einfach zu realisieren, weil – wie aufgezeigt – eine ganze Reihe von Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind, wobei wir hier auf Zielgruppenerfordernisse noch gar nicht eingegangen sind.

Hilfreich ist ganz sicherlich die Fachkompetenz von Werbemittelhändlern, die mit geschulten Fachkräften und echten Personen individuell beraten.
So verloste die Make Or Buy in Köln (www.mob.de) Werbemittel-Selektions-Seminare, um hier für mehr Bewusstsein zu sorgen. Die Resonanz war überwältigend. Teilnehmer des Seminars bezeichneten das Seminar als: „beindruckend“ und „informationsreich“. Die interaktive und dadurch kurzweilige Arbeit zum Thema: „Marke und Werbemittel“ kam hervorragend an.
Den reinen Internetkauf kann man nur erfahrenden und geschulten Einkäufern im Unternehmen raten, die in der Lage sind die eigenen Geschmackvorlieben den Erfordernissen der Marke (und der Zielgruppe) unter zu ordnen.

Literaturverzeichnis
Jorum, S. (2009): Multisensorisches Marketing am POS, http://www.werbung-out-of-the-box.com/wordpress3/multisensorisches-marketingampos/multisensorisches-marketing-am-pos/, Abruf am 27.07.2014
Stillman, J. A. (1993): Colour influences flavor identification in fruit-flavored beverages, in: Journal of Food Science, 74. Jg., H. 58, S. 810 – 812)
Tom, G.T. (1987): Cueing the costumer: The role of salient cues in consumer perception, in: The Journal of Consumer Marketing, 30. Jg., H. 4, S. 23 – 28

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